Sie werfen uns beim Lesen aus dem Flow, sie wirken unprofessionell, wenn sie in Rudeln auftreten, und sie sind ganz selten das eigentliche Problem – die Wortwiederholungen.
In diesem Blogartikel erkläre ich dir, warum ich grundsätzlich davon abrate, beim Überarbeiten des First Drafts an Wortwiederholungen zu feilen.
Inhaltsverzeichnis
Wortwiederholung im Roman – was meint das überhaupt?
Wortwiederholungen sind genau das, was der Name sagt: Wiederholungen von Wörtern in naher räumlicher Umgebung.
Beim Lesen fallen sie uns durch die automatische Mustererkennung unseres Gehirns auf und werfen uns damit, wenn sie ungünstig stehen, aus dem Erleben des Inhalts zurück auf die Lese- beziehungsweise Wortebene.
Ein Beispiel:
Sie liebte es, am See entlang zu gehen. Mit dem Blick auf das Wasser entspannte sich etwas in ihr, das in ihrer Wohnung ganz eng war. Sie zählte die Bänke, die am See entlang aufgestellt worden war. Dreizehn vom Parkplatz bis zu dem kleinen Kiosk. Dreizehn Bänke für dreizehn Menschen, die am See entlang schlenderten und für ein paar Minuten den Ausblick auf das Bergpanorama genießen wollten.
Hier lässt sich die Wiederholung leicht vermeiden:
Sie liebte es, am See entlang zu gehen. Mit dem Blick auf das Wasser entspannte sich etwas in ihr, das in ihrer Wohnung ganz eng war. Sie zählte die Bänke, die am Uferweg aufgestellt worden war. Dreizehn vom Parkplatz bis zu dem kleinen Kiosk. Dreizehn Bänke für dreizehn Menschen, die genau wie sie dahinschlenderten und für ein paar Minuten den Ausblick auf das Bergpanorama genießen wollten.
(Pssst. Wenn die Wortwiederholung gewollt ist, wie hier mit der Dreizehn, ist sie natürlich in Ordnung, sofern sie im Text funktioniert.)
Wiederholungen gibt es in kleinster Form als einzelnes Wort (mein am meisten wiederholtes Wort ist einmal), in mittlerer Form als bekannte Phrase (z.B. seine Augen verdunkelten sich) oder in größerer Form als kompletter Satz (z.b. Sie kratzte sich am Nasenrücken und lachte.)
Als generell sehr wortfühlige Leserin, stören mich Wiederholungen – wenn sie zu oft passieren – sehr beim Lesen.
Als Lektorin arbeite ich mit meinen Autor*innen daran, Wiederholungen wo es möglich ist, zu vermeiden.
Und jetzt kommt das große Aber.
Warum du Wortwiederholungen nicht überarbeiten solltest
Das Aber
Aus Erfahrung weiß ich, dass die meisten Autor*innen, die Wortwiederholungen bearbeiten, das an der falschen Stelle im Prozess tun.
Denn:
Wenn dein erster Manuskriptentwurf – dein First Draft – fertig ist und du in deine erste Überarbeitung startest, hast du meist ganz andere Themen vor dir, als Wortwiederholungen.
Viele Autor*innen, die noch wenig Erfahrung haben, beginnen trotzdem damit, an Sätzen zu feilen, Wortwiederholungen auszumerzen und so weiter.
Und dabei verschwenden sie jede Menge Zeit.
Wann die Arbeit an Wortwiederholungen sinnvoll ist
Die Arbeit an Wortwiederholungen und dem Stil insgesamt, muss immer nach der inhaltlichen Arbeit erfolgen.
Bei der Überarbeitung des First Draft geht es erst mal um Fragen wie:
- Stimmt der Spannungsbogen?
- Sind die Charaktere lebendig geworden?
- Funktionieren die Dialoge?
- Ist das Worldbuilding durchdacht?
- Funktionieren meine Szenen?
Und so weiter.
Wenn du jetzt also zuerst an Wortwiederholungen arbeitest, arbeitest du an der eigentlichen Problematik vorbei.
Und verschenkst unglaublich viel Zeit, denn viele deiner Überarbeitungen werden hinfällig sein, wenn du eine ganze Passage neu schreibst – und das wird passieren.

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Meine Lektorinnensicht auf Wortwiederholungen
Yes – ich möchte die Wortwiederholungen unbedingt bearbeiten.
Yes – ich werde sie dir im Text markieren.
Yes – wir vermeiden alle, die vermeidbar sind.
Aber eben erst, wenn der Inhalt fantastisch ist. Und gerne auch zusammen im Lektorat.
Ja, natürlich möchte ich gerne einen möglichst gut lesbaren Text auf den Tisch bekommen.
Aber ich möchte den Text eben auch gerne bekommen, bevor du völlig die Nerven verloren hast, weil du ihn so lange überarbeitet hast.
Denn mit dem Lektorat fängt die wirkliche Überarbeitung erst richtig an – und wenn deine Nerven jetzt schon blank liegen, wirst du von der Arbeit mit den Lektoratsanmerkungen überfordert sein.
Und dass du einige inhaltliche Punkte beim Schreiben und Überarbeiten nicht erkannt hast – selbst wenn du schon erfahrene*r Autor*in bist – ist höchstwahrscheinlich und völlig normal, denn je tiefer du in deinem Text steckst, desto textblinder wirst du.
Mit dir Inhalt und Stil möglichst fantastisch zu machen – dafür ist das Lektorat da.
Also hab keine Scheu, lass die Wortwiederholungen wo sie sind und schick deinen Text ins Lektorat, damit du auch wirklich das überarbeitest, was gerade dran ist.